„Elfmeter habe ich nicht geschossen. Das haben andere erledigt. Nur diesmal nicht!“
von Jörg Mühlhaus:
Auch ich möchte etwas zu dem Event „Mein-Spiel.“ beitragen:
Über Aufstiegs-oder Abstiegskämpfe, Freundschafts-oder Pokalspiele, Punkt-oder Entscheidungsspiele, Abschiedsspiele von verdienten Mitspielern könnte man schreiben.
Ich will über was berichten, das der Zuschauer am Spielfeldrand nicht immer mitbekommt oder mitbekommen soll. Die Emotionen, die Verfassung und die Entscheidungen auf dem Platz.
Es geht los. Es ist der 10.09.1984.
Die 1. Herrenmannschaft des SV Viktoria Gerblingerode (Kreisliga) spielt auf dem alten Sportplatz gegen die SV Eintracht Gieboldehausen.
Wir sind schon in der 2. Halbzeit. Durch Tore von Peter Berg, Uwe Nolte, Manfred Messmer und Michael Graf führte Gerblingerode 4:3. Der Gegner wurde immer stärker und drängte auf den Ausgleich. Gelegentlich befreiten wir uns und konnten gefährliche Konter setzen. So auch diesmal. Ein toller Pass auf Torjäger Peter Berg und er war im Strafraum. Beim Versuch auf das Tor zu schießen wurde er von seinem Gegenspieler unsanft gebremst. Der Schiedsrichter pfeift, ELFMETER! Unser Elfmeterschütze Peter Berg nimmt sich wie gewohnt den Ball.
Ich bin Abwehrspieler. Position Vorstopper. Meine Aufgabe besteht darin, den gegnerischen Mittelstürmer „kalt“ zu stellen. Ihn nicht ins Spiel kommen zu lassen. Jedes Anspiel auf ihn sofort zu stören. Ball erobern. Ich war in guter Form und machte in den letzten Spielen eine gute Figur. Elfmeter habe ich nicht geschossen. Das haben andere erledigt. Nur diesmal nicht. Es kam wie aus der Pistole geschossen: „HALT! Ich schieße.“ und ich lief nach vorn. Auf Höhe der Mittellinie wurde die Stille, die über dem Platz lag, durch die Stimme unseres Betreuers Hermann Osburg unterbrochen: „Nein, nicht Mühlhaus, Jörg Mühlhaus schießt nicht!!“ Meine Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Jetzt erst recht!“ Keiner meiner Mitspieler versuchte mich aufzuhalten. Am gegnerischen Sechszehner angekommen empfing mich Peter Berg mit einem Grinsen im Gesicht. Ich schieße. Gut, dann schießt du. Peter hatte den Ball bereits auf den Elfmeterpunkt platziert. Der Schiedsrichter pfiff und ich lief los. Ich schoss den Ball von mir aus gesehen unten rechts in die Ecke. Aber was war das, verdammt, der Torwart hechtete genau in die von mir gewählte Ecke. Er machte sich ganz lang, aber der Ball ging vom Innenpfosten ins Tor. Das war knapp, aber der Ball war drin. Ein riesiger Stein fiel mir vom Herzen. Als ich das realisiert hatte war die Freude groß. Ich rannte mit ausgestreckten Armen los in Richtung Außenlinie und zeigte Hermann Osburg beim Vorbeilaufen die Siegerfaust. Nach den Glückwünschen der Mitspieler fand ich mich wieder auf meiner alten Position. Wir ließen nicht mehr viel zu und haben das Spiel mit 5:3 gewonnen. Fußball ist manchmal wie im wahren Leben. Es gibt gute und schlechte Tage. Heute hatte ich einen guten Tag und den Mut, unserem Betreuer Hermann Osburg zu widersprechen. Hermann Osburg wurde am 25-05-2012 anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des SV Viktoria Gerblingerode verdient zum Jahrhundertspieler geehrt.
Wenn der Spielbetrieb wieder losgeht und auch Zuschauer zugelassen sind sehen wir uns hoffentlich auf dem Sportplatz wieder. Ich freue mich die Fans der SG Pferdeberg wiederzusehen, die weiterhin unsere Mannschaft für die nächsten Spiele unterstützen. Vorbei sind die schlechten Tage, jetzt kommen nur gute Tage. Bleibt Gesund und passt auf euch und euren Familien gut auf. Habt Geduld, es geht bald wieder los……….
Mit sportlichem Gruß
Jörg Mühlhaus
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